Manchmal kann man mit dem Partner auf der Couch sitzen und es ist trotzdem, als wäre man allein.
Liebe ist, wenn sich zwei Menschen auch ohne Worte verstehen? Nicht unbedingt, findet die Paar- und Sexualtherapeutin Nancy Glisoni. Denn Schweigen kann zum Gift werden. Ein Gespräch über Verlorenheit in Beziehungen – und darüber, wie man sie wieder loswird.
Warum fühlen wir uns auch in Beziehungen manchmal einsam?
Zusammen ist man weniger allein? Wenn sich Liebende nichts mehr zu sagen haben und nebeneinanderstatt miteinander durchs Leben gehen, kann auch in Beziehungen Einsamkeit aufkommen. Was bleibt von der Zuneigung, wenn der Mensch, der einem am
nächsten war, zum Fremden geworden ist? Und ist eine Beziehung unweigerlich dem Ende geweiht, wenn sich das große Schweigen erst einmal im Alltag ausgebreitet hat? Paar- und Sexualtherapeutin Nancy Glisoni weiß, was Paare emotional entzweit und was sie tun können, um das große Wir wiederzubeleben.
STERN: Frau Glisoni, warum fühlen wir uns auch in Beziehungen einsam?
Meistens rührt das Einsamkeitsgefühl daher, dass sich einer weniger gehört, weniger verstanden fühlt. Ist die Kommunikation in der Beziehung schlecht, entsteht nach und nach eine Art emotionale Kluft. Ist die emotionale Verbindung verloren gegangen, kann der Partner neben einem auf der Couch sitzen und man fühlt sich trotzdem einsam. Ein Einsamkeitsgefühl kann also ein Warnsignal sein, dass in der Beziehung etwas nicht stimmt.
STERN: Ist ein Einsamkeitsgefühl nicht immer ein Warnsignal?
Ein Gefühl von Einsamkeit kann auch aufkommen, wenn in der partnerschaftlichenBeziehung eigentlich alles super läuft – und zwar dann, wenn die Partner unterschiedliche Nähe-Distanz-Bedürfnisse haben. Jemand, der viel Nähe benötigt, kann sich vernachlässigt fühlen, wenn der andere, der vielleicht mehr Raum für sich braucht, öfter weg ist. Nur weil man in diesem Moment dieses Einsamkeitsgefühl hat, heißt das aber nicht, dass man partout unglücklich ist.