Will Smith – Beschützer und Held oder Straftäter?

Die 94. Oscar-Verleihung ist gelaufen und Thema Nummer 1 am 28.03.2022: die heftige Ohrfeige von Will Smith. Für Radio Energy Zürich durfte ich Fragen rund um das Thema Gewalt beantworten: Wie löst man Konflikte innerhalb der Beziehung ohne Gewalt? Wie geht man damit um, wenn man seinen Partner bei Auseinandersetzungen unterstützen möchte, an denen man selbst nicht beteiligt ist? Und ist Will Smiths Verhalten tatsächlich so heldenhaft, wie es auf den ersten Blick scheint?

Wie löst man Konflikte in einer Partnerschaft ohne Gewalt?

Grundsätzlich ist jeder für seine Emotionen selbst verantwortlich und es gibt keine Entschuldigung, die rechtfertigen würde, dass man zuschlägt. Egal ob Mann oder Frau. Will man einen Konflikt in der Partnerschaft konstruktiv lösen, sollten Mann und Frau folgende Punkte beachten:

  • Hören Sie Ihrem Gegenüber zu und versuchen Sie zu verstehen, was Ihr Gesprächspartner Ihnen mitteilen möchte.

  • Nehmen Sie sich Zeit, um den Konflikt zu lösen. Versuchen Sie nicht, alles in den letzten 5 Minuten vor dem zu Bett gehen zu besprechen.

  • Fragen Sie nach und vergewissern Sie sich, ob Sie richtig liegen, mit dem, was Sie verstanden haben. Das kann schon allein deshalb beschwichtigend wirken, weil Ihr Partner so spürt, dass Sie ihn oder sie verstehen wollen und nicht einfach Recht bekommen wollen. Eine solche Nachfrage könnte etwa so lauten: „Habe ich das richtig verstanden, dass es dir darum geht …?“

  • Lassen Sie einander ausreden (auch wenn es schwerfällt).

  • Bleiben Sie ruhig.

  • Bleiben Sie beim Thema, kramen Sie keine alten Themen hervor, die schon abschliessend besprochen wurden.

  • Bleiben Sie anständig in der Wortwahl – Beleidigungen haben in einem Konflikt nichts zu suchen und sind destruktiv, da sie eskalierend wirken.

  • Schreien Sie sich nicht an, der Ton macht die Musik.
  • Übernehmen Sie die Verantwortung für Ihre eigenen Gefühle. Machen Sie nicht Ihren Partner dafür verantwortlich, wie Sie sich fühlen. Klären Sie im Zweifelsfall, wie eine Aussage gemeint war oder was der Zweck dieser Aussage war und erklären Sie gerne auch, wie ein Satz bei Ihnen ankam, damit Ihr Partner nachvollziehen kann, warum Sie sich angegriffen gefühlt haben.

5 Tipps, um sich zu beruhigen

Eine gute Übung ist, dass zu Beginn eines Konflikts beide Personen 5 Minuten Redezeit bekommen. Jeder darf erklären, was sein Anliegen ist und wie es ihm damit geht. Danach darf die andere Person das Gleiche tun. Anschliessend besprechen Sie das Thema nochmals gemeinsam in 10 bis 15 Minuten. Gibt es keine Lösung, vertagen Sie das Thema und versuchen es zu einer verabredeten Zeit erneut. Ist Ihr Partner jemand, der etwas sofort klären möchte und sich sonst fühlt, als ob man ihn „im Regen stehen lässt“ ? Versichern Sie Ihrem Partner, dass Sie ihm oder ihr, so wie das Gespräch verläuft, momentan nicht gerecht werden können und sich deshalb Bedenkzeit wünschen, um über gesagtes nachzudenken. Erklären Sie, dass Sie das Thema nicht fallen lassen, dass es Ihnen genauso wichtig ist, den Konflikt zu lösen und halten Sie sich an diese Aussage.

Selbstverantwortung für die eigenen Gefühle beinhaltet auch, dass man für sich selbst sorgt, wenn man merkt, dass man die Selbstbeherrschung verliert und alles unternimmt, um sich zu beruhigen.

  1. Verlassen Sie die Situation/den Raum und „lüften“ Sie Ihren Kopf. Bei einem Streit werden Stresshormone gebildet. Bewegung und frische Luft helfen, diese abzubauen.

  2. Atmen Sie bewusst (4 Sekunden einatmen, 6 Sekunden ausatmen) und achten Sie darauf, dass Ihre Atmung wieder bis in den Bauch geht.

  3. Versuchen Sie, die Gedankenspirale zu unterbrechen. Zählen Sie beispielsweise alles Blaue auf, was im Raum ist oder wie viele Stühle, Tische und Pflanzen Sie im Raum finden. Alles, was ablenkt und die Abwärtsspirale unterbricht, ist jetzt hilfreich.

  4. Kühlen Sie Ihr Gesicht und Ihr Handgelenk mit kaltem Wasser, damit Sie wieder ins Spüren und Wahrnehmen zurückfinden.

  5. Oftmals wirkt ein Stressball zum Kneten sehr unterstützend (ebenso wie hüpfen und laufen).
Will Smith – Beschützer, Held oder Straftäter

Wie löst man Konflikte, wenn man die Partnerin bzw. den Partner beschützen will?

Als Erstes fragen Sie Ihre*n Partner*in, ob sie oder er überhaupt wünscht, von Ihnen in der Klärung des Konflikts unterstützt zu werden und vor allem, in welcher Form dies geschehen soll. Sollte dies gewünscht sein, wird genau besprochen, was diese Unterstützung beinhaltet und was nicht. Jeder hat seine eigene Art, mit Konflikten umzugehen. Im Falle von Will Smith hat seine Frau, Jada Pinkett, für sich entschieden, den Moderator anzuschweigen, ihn genervt anzuschauen und die Augen zu verdrehen. Sie hat für sich entschieden nicht aufzuspringen, ihn nicht zu schlagen und sie hat dies auch nicht von Ihrem Mann erwartet.

Wie hätte Will Smith bei der Oscar-Verleihung besser reagieren können?

Viel lässiger wäre seine Reaktion gewesen, wenn er einen seiner coolen Sprüche gebracht hätte, um Chris Rock in die Schranken zu weisen. Wenn er ihm und dem Publikum gesagt hätte, wie es sich anfühlt, wenn ein Moderator vor Millionen von Menschen seinen Lieblingsmenschen so beschämt und vorführt. Will Smith wäre wahrlich ein Held gewesen und hätte wahrscheinlich einen der grössten Tage seiner Karriere nicht mit dieser Tat ruiniert.

Ist Will Smith denn jetzt ein Held? Ein Beschützer?

Nein, keines von beidem. Der Beschützerinstinkt hat uns Menschen, evolutionsbedingt, das Überleben gesichert, denn jeder Mann wollte ja seine Frau und seinen Nachwuchs beschützen. Da wirkt ganz stark das Kindchenschema – jemand ist hilflos und schwach und ich bin Beschützer. Das ist heute in dieser Form nicht mehr notwendig und entspricht eher einem veralteten, traditionelleren Männerbild, das heute nicht mehr gebraucht wird.

Heldenhaft? Auf gar keinen Fall! Das Verhalten von Will Smith ist indiskutabel und nicht tolerierbar. Er als Filmstar und Kultfigur hat eine Vorbildfunktion für seine Fans und seine Community. Das hat er zu dem Zeitpunkt einfach vergessen.

Fazit

Gewalt ist keine Lösung. Nie! Egal, wie sehr Sie provoziert werden, egal mit welchen verbalen Inhalten Sie geschlagen werden. Körperliche Gewalt darf nicht die Antwort sein.

Heldenhaft? Auf gar keinen Fall! Das Verhalten von Will Smith ist indiskutabel und nicht tolerierbar. Er als Filmstar und Kultfigur hat eine Vorbildfunktion für seine Fans und seine Community. Das hat er zu dem Zeitpunkt einfach vergessen.

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