Funktioniert eine Beziehung ohne Selbstliebe?

Selbstliebe ist in aller Munde und den Satz „du muss dich erst selbst lieben, um jemand anderes lieben zu können“ haben Sie bestimmt schon häufiger gehört. Immer öfter stellt sich auch in meiner Praxis die Frage nach dem Selbst und löst Irritationen aus: Bin ich wirklich erst fähig einen anderen Menschen zu lieben, wenn ich mich selbst liebe?

Ein Fallbeispiel

Lisa, 28, unverheiratet, ist seit einiger Zeit in Therapie bei mir. Themen der Sitzungen lauten: Grenzen und eigene Bedürfnisse zu spüren und zu formulieren, alte Verletzungen aufzuarbeiten und wieder einen Zugang zur eigenen Sexualität zu finden. Lisa kam gut voran und lernte dann einen Mann kennen. Er gefiel ihr richtig gut und der Sex machte ihr Spass. Sie berichtet jedoch, dass sie Angst hat, sich auf die Beziehung einzulassen, weil sie dann vielleicht zu wenig Zeit haben könnte, um an eigenen Themen zu arbeiten. Sie fragt sich, ob sie überhaupt schon richtig auf alles reagieren und ob sie sich selbst schützen kann. Beim Sex stellt sie mittlerweile zunehmend fest, dass sie sich nicht entspannen kann, da ihr Körper nicht ihrem Bild entspricht. Da sind ihre Oberarme, der Bauch, der unendliche Dimensionen annimmt, und irgendwie ist da ihrer Meinung nach nicht so viel Schönes. „Wie soll er mich also mögen? Er kann mich gar nicht lieben und wird irgendwann gehen. Wie soll er mich toll finden, wenn ich mich nicht toll finde? Und vielleicht ist er ja selbst auch gar nicht so toll? Vielleicht ist das doch alles zu früh, schliesslich hat er ja auch seine eigenen Probleme und irgendwie passt das jetzt doch nicht so gut.“

Lisa wächst alles sichtbar über den Kopf. Sie fragt sich momentan, obwohl sich alles gut anfühlt und ob jetzt die richtige Zeit ist, sich auf einen neuen Mann einzulassen. Ist es möglich, dass diese Beziehung, die sich eigentlich so schön anfühlt, überhaupt eine Chance auf ein Gelingen hat?

Funktioniert eine Beziehung ohne Selbstliebe?

Was bedeutet es, sich selbst zu lieben?

Erich Fromm definiert Selbstliebe als eine Voraussetzung, um andere Menschen lieben zu können. Luise Reedemann sieht darin eher die Voraussetzung für eine gute Verbindung zur Welt und anderen Menschen. So oder so: Selbstliebe ist ein wichtiger Teil von uns, wenn es um unser Selbstwertgefühl geht und wie wir uns als Mensch wahrnehmen und wie wir mit uns selbst und anderen umgehen. Zusammengefasst bedeutet Selbstliebe sich selbst so anzunehmen, wie man ist.

Daneben ist ein weiterer wichtiger Punkt das Selbstvertrauen. Damit ist in diesem Fall die Fähigkeit gemeint, das eigene Leben unabhängig von anderen zu gestalten. Für mich persönlich heisst das: Die eigenen Gefühle wahrzunehmen. Darauf vertrauen zu können, mich selbst wichtig zu nehmen und eigene Bedürfnisse zu erkennen, auszusprechen und für diese einzustehen. Aber auch, Zeit mit mir selbst zu verbringen – und diese zu geniessen. Selbstvertrauen schliesst auch das Bild ein, welches jeder von sich selber hat, sowohl das innere als auch das äussere Bild. Und es bedeutet ebenfalls, die Fähigkeit zu besitzen, mit sich Frieden schliessen zu können. Dazu gehören ebenso die Dellen an den Oberschenkeln wie das Bäuchlein oder auch der Bauch, die Oberarme und die eine oder andere Falte am Körper und im Gesicht. Selbstvertrauen ist Selbstakzeptanz.

Funktioniert eine Beziehung ohne Selbstliebe?

Ist Selbstliebe Voraussetzung für eine Partnerschaft?

Eins schonmal vorweg: nein. Absolute Selbstliebe ist keine Voraussetzung, um eine Beziehung führen zu können.

Trotzdem stellen sich viele die Frage: Kann ich in einer Partnerschaft lieben ohne Selbstliebe? Und ja, mit Selbstliebe und einem gesunden und starken Selbstwertgefühl wird es für Sie natürlich leichter sein, sich abzugrenzen und mehr für sich einzustehen. Wenn das alles jedoch noch nicht auf Anhieb funktioniert, muss man nicht auf eine Beziehung verzichten. Man kann nicht damit warten, eine Verbindung einzugehen, bis man quasi ‚perfekt‘ ist, denn niemand wird je perfekt sein. Wir alle haben Ecken, Kanten und Macken, die uns einzigartig machen. Wir entwickeln uns als Menschen Gott sei Dank ständig weiter. Und so kann jeder auch an seinen eigenen Konflikten weiterarbeiten und sich im Laufe einer Beziehung verändern und wachsen. Im besten Fall hilft uns unser Partner dabei, indem er uns neue Perspektiven zeigt und wir ihm zuhören – so wachsen wir miteinander, was wiederum unsere Beziehung stärkt.

Um das Selbstbewusstsein zu stärken und sich selbst mehr zu akzeptieren gibt es bereits viele Onlinekurse, Selbstlernkurse, Medienberichte, Bücher und ganze Reportagen, die uns dabei helfen können, dass uns Selbstliebe gelingen kann. Bei all diesen Hilfsangeboten und Programmen soll es nicht um das Absolute, das Perfekte gehen. Das Ziel lautet nicht, täglich gut gelaunt, mit dem eigenen Körper 100 % zufrieden zu sein und voller Akzeptanz in dieser Welt zu stehen. Stattdessen geht es um den Weg, den jeder von uns gehen muss: der Weg zu uns selbst. Und wie man so schön sagt: Der Weg ist das Ziel. Wir alle sollten den Weg, den wir gehen, geniessen. Achtsam sein. Wir sollten die Erfahrungen, die uns unterwegs begegnen, mitnehmen, daraus lernen und daran reifen. Menschen, die unseren Weg teilen, genauso akzeptieren und lieben, wie uns selbst. Und zwar das gesamte Paket, zusammen mit allen unperfekt- perfekten Angewohnheiten und mit allen verschiedenen Phasen – der unsorgsamen oder der ungeduldigen Phase ebenso wie jeder heiteren, tollen oder turbulenten Phase.

Das heisst aus meiner Sicht nicht, dass alles perfekt sein muss und Sie sich jeden Tag gleich viel lieben müssen. Vielleicht ein Vergleich aus dem Alltag: Sie lieben den Sommer, die lauen Abende, die warme Sonne, leichtes Essen, Zeit für das Freibad und mit Freunden. Aber Sommer heisst nicht gleich: Es ist immer warm, es scheint immer die Sonne und das Leben und der Alltag fühlen sich leichter an. Auch im Sommer gibt es Tage, an denen es regnet und gewittert, an denen es auch mal bewölkt ist und sie am Abend eine Jacke brauchen. Trotz Gewitter, trotz Regen wird Ihre Befindlichkeit beim ersten Sonnenstrahl wieder besser. Weil Sie wissen, dass Regentage ebenfalls zum Sommer dazugehören und manchmal sogar guttun. Sie bereinigen die Luft, sorgen dafür, dass alter Schmutz weggespült wird, Pflanzen das nötige Wasser bekommen und dass es sich draussen wieder leichter anfühlt. So geht es auch uns Menschen. Wir haben gute Tage voller Sonnenschein und Wärme und andere Tage, an denen es uns weniger gut geht, an denen es mal blitzt und donnert und Regen fällt. Sich mal nicht so toll zu fühlen gehört dazu und gibt uns die Gelegenheit, auch mal innezuhalten, wahrzunehmen, was alles toll an uns selbst ist und zu lernen und akzeptieren, dass auch dieses Gefühl dazugehört. Sie dürfen sich erlauben, auch richtig schlechte Tage zu haben, in dem Wissen, dass auch wieder richtig gute Tage voller Sonnenschein folgen werden. Ohne wirklich schlechte Tage wüssten wir die besonders schönen Tage nicht zu schätzen!

Wenn wir uns selbst liebevoll im Alltag begegnen, werden wir besser auf Tage, an denen ein emotionales Gewitter ansteht, vorbereitet sein. Das Bäuchlein stört weniger, wenn wir akzeptieren, dass jeder Mensch im Freibad einen anderen Körper hat und anders aussieht – auf seine eigene wunderschöne Weise. Der unerledigte Haushalt stört uns nicht mehr, wenn spontaner Besuch vorbeikommt, sobald wir einfach die gemeinsame Zeit geniessen und daran denken, dass wir alle gerne mal das Geschirr stehen lassen, die Wäsche nicht abnehmen oder den Staubsauger noch zwei weitere Tage in der Ecke stehen lassen. Denn so ist das Leben. Es geht nicht darum, perfekt zu sein, sondern authentisch zu sein, denn nur so hat man auch Spass an der Zeit, die man mit anderen oder sich selbst verbringt. Und ja, es ist nicht immer einfach sich als einzigartig zu akzeptieren, das kleine Bäuchlein zu normalisieren, sich nicht ständig mit all den anderen Frauen oder Männern zu vergleichen und sich zu erlauben, sich auch mal blöd zu fühlen oder sich dick zu finden. Das ist Selbstliebe – eben authentisch, facettenreich und individuell. Wie wir alle. Darum ist es umso wichtiger und schöner, sich mit Menschen zu umgeben, die uns guttun. Der richtige Partner erinnert uns daran (und wir ihn!), dass er unseren Bauch mag und dass er lieber gerade den schönen Abend mit uns ausklingen lässt, als jetzt unbedingt den Abwasch zu machen.

Funktioniert eine Beziehung ohne Selbstliebe?

Fazit

Wenn Sie mich fragen, steht für mich fest: Auch wenn Sie noch auf Ihrem Weg sind herauszufinden, was Sie im Leben wollen, wo Ihre Grenzen sind und was Sie genau brauchen und wollen, ist es möglich, eine erfüllende Partnerschaft zu führen. Mit jedem Schritt zu sich selbst und für sich selbst wird auch diese Beziehung wachsen und Sie wachsen mit ihr. Wichtig ist, dass Sie reflektieren, alte Muster aufdecken und verändern. Ich liebe diese Themen und unterstütze Sie gerne auf Ihrem Weg in Richtung Selbstliebe und Akzeptanz.

Funktioniert eine Beziehung ohne Selbstliebe?

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